Träume der Nachtigallen

 

Gestern Nacht hörte ich der Nachtigallen Gesang,

klare Töne, klarer Klang.

In die dunkle Nacht hinein,

lebende Wesen,

nicht gehalten in einem Schrein.

Was erzählten sie sich wohl auf diese Weise?

Erklangen doch die Töne einmal laut,

dann wieder leise.

Ich hörte sie noch, bis ich schlief,

ganz gewiss war ich mir,

Nachtigallen sangen für mich ein Lied.

Noch im Schlafe erkannte ich des Liedes Sinn,

Nachtigallen Herzen stehen nicht für immer still.

by Gabriele Napierata©


Gabriele Napierata
Paukenschlag

 

Paukenschlag,

 

Schlag auf Schlag,

 

dunkelst Paukenschläge, die finden ihre Wege

 

erhellen,

 

schnellen,

 

über, aus groben Holz geschälte Stege.

 

 

 

Trommeln schlagen,

 

Trommeln verraten.

 

Stimmen, die unter tot geschlagenen Häuten stöhnen

 

und somit die Last und Schwere des Leben verhöhnen.

 

 

 

Trommeln, die in der Ferne im Takt der Herzen schlagen,

 

Schwellend Trommelschläge stellen nie stumme Fragen.

 

 

 

Getragene, erschlagene Worte aus singend Häuten quellen,

 

werden ihre Stimmen für niemanden auf Erden verstellen.

 

Dumpfe Stimme, die alle Völker dieser tauben Welt verstehen,

 

entschlafene Sprachen wollen allezeit kommen und gehen,

 

und wenn Paukenhäute und hohlwangig Trommeln schwingen,

 

werden sie blind verstehen und in finsterst Einsicht ertrinken.

 

 

 

Paukenschlag und Trommellaut

 

dringt vor, kriecht unter Haut,

 

wühlt sich durch Eingeweide,

 

dringt durch Fleisch wie Seide.

 

 

 

Vielfach die donnernd Stimmen rufen,

 

fühlen sich für eine Änderung berufen.

 

Veränderung wird in alle Lieder dringen.

 

Stimmen werden als eine einzige erklingen.

 

 

 

Die Menschheit wird in Einsicht erstarren

 

und Frieden mit freier Natur nun wahren.

 

Denn der Mensch wird hören und auch sehen,

 

Warnung wird getrommelt – er wird verstehen?

 

 

 

Schelf, das sich vom Rande wird lösen,

 

eindringt in blaues Meer mit Getöse,

 

Bäume, sich in ihrem Holze winden,

 

Wälder, die schweigend Frieden finden.

 

Einhörner aus dem Meere springen,

 

schäumend zu den Trommeln singen,

 

wie rasend ins Landesinnere vordringen.

 

Feen ihre lang gezogen Nasen reiben,

 

aus den Lindenwäldern nun scheiden.

 

Schollen aus Eis über Meere treiben,

 

Rote Teufel aus Höllenschlünde eilen,

 

und auf treibend weißem Eis verweilen.

 

Dämonen auf knöchernen Skeletten reiten,

 

vor Lachen halten ihre blank weißen Seiten.

 

Engel sich, derweil die reinen Hände  halten

 

und den Irrsinn der menschlich Tat verwalten.

 

 

 

All dieses und auch jenes - hört die mächtig Schläge,

 

geschlagene trommelnd Worte finden immer Wege.

 

Gedankenlose Taten, die der Mensch hat begangen,

 

bis trommelnd  Gedanken  den neuen Anfang fangen.

 

 

 

Trommeln schlagen,

 

Schwingend Häute sagen.

 

Dröhnend Paukenschlag,

 

Schlag auf Schlag.

 

Schlag auf Schlag.

 

Der Anfang vielleicht so sein mag.

 

Ein Horn, welches lauter singt,

 

uns dem Ende nur näher bringt.

 

 

 

by Gabriele Napieratal©2014

 

Gabriele Napierata
Bleiche Gesichter im Fluss

 

Bleiche Gesichter im Fluss oder die treibend Liebe zum Spiel

 

 

 

Der Geruch vom gebürsteten Gras auf kahl gepflegten Weiden,

 

hängt wie schwere Fülle, seit Stunden in schon erstickter Luft.

 

Nicht scheiden will jener nicht verwechselbare, jener helle Duft,

 

um den die anderen Jahreszeiten den Sommer, so sehr beneiden.

 

 

 

Indes die träge Mittagsonne schickt ihre Strahlen,

 

hinunter zum dunklen Band – zu ruhelosen Fluten,

 

und zu den bestens aufgehobenen Geheimnissen,

 

mitten hinein, in das Wirken der geheimen Strudel,

 

hinab in lockend Tiefen - für Spiele im Flusse Sand,

 

hinein, in den sich längst gehend lassendem Fluss.

 

Zu jener Tageszeit trägt der Strom sein bestes Gewand.

 

Doch in tiefen Gewässern sucht man oft müßig nach Furten,

 

Schwäne singen, steigen fliegend auf und senden einen Gruß.

 

Es treibt dem grünen Fluss hinab, ein einziger Schrei so hell.

 

 

 

Flirrende Schatten spendend, stehen am Gewässer, drei alte Eichen,

 

dicht am Wasser Rand und wahren die längst gegebenen Zeichen.

 

Sie sehen vormals vergangene Bilder, auf grünen Fluten treibend,

 

und sehen Geister sogar in den Tiefen, im Sand des Flusses spielen. --

 

Die Eichen denken zusammen, an diese niemals vergessenen Zeiten,

 

als drei Kinder noch strebten, zum heimlichen und verbotenen Spiel.

 

In jenem tiefen, tiefen Fluss ertranken Kinder schon der vielen.

 

Doch niemals zuvor wart eine Kinderliebe so schwer scheidend.

 

Und wieder treibt hinab den Fluss, ein einzelner heller Schrei.

 

 

 

Ein Sommer - in jene frühe Zeit zurück,

 

spiegelt wider, die Einigkeit im Glück.

 

Alte Eichen sehen Kinder, die dort waren,

 

mit dem vom Spiel zerzausten Haaren,

 

Zweifach Dunkelheit und Sonnenlicht,

 

ergänzend für immer in sich gehalten.

 

Zwei von ihnen denken, sie weiß es nicht.

 

Leuchtend Gesichter mit stillem Lachen,

 

Einen Knopf im Ohr, der den Träger beschwor.

 

und das Spiel, das sie gemeinsam verwalten.

 

Jenes Spiel war nicht für alle Spieler leicht  

 

und doch Liebe ließ die Eine weitermachen.

 

 

 

Auch in vergangener Zeit lässt sich die Tageshitze im Winde wiegen,

 

zu sehen sind brummelnd Hummeln, die durch laue Lüfte fliegen

 

und hohe grüne Gräser, die sich an helle Kinderbeine schmiegen.

 

Ein ausgelesenes Buch und eine Decke unter Bäumen bleiben liegen.

 

Drei schwirrende Herzen senden sich zwischen Zeilen einen Gruß.

 

Ungeklärte Fragen hängen noch vor ihrem Aufbruch in der Luft.

 

Schwäne singen und begehrliche Blicke gleiten hinab zum Fluss.

 

 

 

Sie, die drei Kinder, die launig lachen,

 

von der warmen Haut perlt das Nass,

 

an Land und durch Wassern toben sie.

 

Strudel im Wasser bedeuten nicht viel.

 

 

 

Licht, das sich im Wasser bricht,

 

und auch flirrend heißes Tageslicht.

 

Keiner, der mit klaren Worten spricht.

 

Einig Schritte zu weit ins tiefe Nass

 

Und schon ist es aus mit dem Spaß.

 

Ein heller Schrei gleitet über den Fluss.

 

Singende Schwäne senden einen Gruß.

 

 

 

Diese Kinder erkennen nicht, wenn ein Spiel kein Spiel mehr ist,

 

wenn Leiden entsteht und man den Spaß im Spiel längst vermisst.

 

Man weiß doch, das Hinterlist und Übermut sind des Spieles tot.

 

Keiner, der sich rettet aus dem drehend Kreis, jener zwingend  Not.                                                                                          

 

Ein Strudel erfasst Kinderbeine und zieht sie in bereite Tiefen hinab

 

und der strömend Fluss, heißt sie willkommen in ihrem nassen Grab.

 

Sterbend Gedanken treiben schnell entgegen, dem Flusse Grund.

 

Zwingend Wasser, welches sich zwischen Zähne und Lippen zwängt

 

und füllt auf vom nassen Fluss erstickte Schreie im Kinderschlund.

 

Gestellte Fragen klingen in dunklen Wassern nun einmal nur dumpf.

 

Und im Schilf wiegt sich derweil ein lauer Wind,

 

verschwunden ist nun mehr, nicht nur ein Kind.

 

Schwäne sich auf dem blitzend Wasser niederlassen,

 

und sich durch Gesänge ihrer Trauer, Luft verschaffen.

 

 

 

Nun gibt es nur noch Kindergedanken, die im Wasser treiben,

 

das Lachen aus bleichen Gesichtern beginnt schon zu weichen.

 

Drei kleine Geister auf dem Grund, die Augen vor Angst sich weiten

 

und bleiche Gesichter, deren leere Augen die Bläue über sich preisen.

 

Schon ist es geschehen, dass Geist und Körper voneinander scheiden.

 

Dem Flusslauf hinab drei bleiche Gesichter im grünen Wasser treiben.

 

Drei Geister spielen noch sehr lange, im Sand auf des Flusses Grund.

 

Sie spülen mit reinen Wassern, gefärbte Gedanken aus den Mund.

 

Fortan nun leere Geisterhände, in der Kälte des Wassers treiben

 

und damit ersoffenen Katzen über nasses Fell werden streichen.

 

 

 

Ihre Herzen wären sicher gerne auf Erden verblieben,

 

doch der Spieltrieb ließ Einigkeit in Liebe nicht siegen.

 

Unter den Wassern sieht man jedoch ein Gesicht,

 

aus dem leuchtet ein gar besonders helles Licht.

 

Und wieder erklingt nur ein einziger heller Schrei.

 

Die Schwanenherzen sind nun gebrochen entzwei.

 

Und auch die alten Eichen stehen nur noch ratlos da,

 

sehen im Fluss drei kleine Geister mit Wasser im Haar.

 

 

 

by Gabriele Napierata©2014

 

Gabriele Napierata
Ein Lichter Schein oder von einem Weg ins Moor

 

Ein lichter Schein oder von einem Weg im Moor

 

 

 

Getragen von fleißig Rabenschwingen,

 

hört sie die Schatten der Dunkelheit,

 

in der Dämmerung schon sachte singen.

 

Ihr Weg erscheint ihr noch so weit.

 

Sie sieht nicht in der Ferne das Licht.

 

Nein! Sie sieht seine Lockung nicht,

 

nur die näher strebende Dunkelheit

 

und der Weg, der vor ihr liegt, ist so weit.

 

Sie riecht und schmeckt die Gefahr im Moor,

 

und doch begrenzt wird sie mit jedem Schritt,

 

deshalb das Blut ihr längst in den Adern gefror.

 

 

 

Als eine herbe Schönheit hat es sich ihr offenbart,

 

doch trotz der Gefährlichkeit ist sie wie vernarrt.

 

Es sieht in seiner dunklen Weite aus so seicht,

 

ihr dennoch das Begehren nie aus dem Auge weicht.

 

Denn rechts und links liegt der wartend Untergang.

 

Die unentdeckte breiige geschwärzte Tiefe.

 

Ach, wenn sie doch nur in ihr schon schliefe.

 

Der verheißende Frieden zieht sie magisch an.

 

Doch hört sie der Raben fleißig Schwingen

 

und hört auch deren mahnend Gesang

 

die drohen mit der dahin gehenden Zeit.

 

 

 

Und in ihrem Herzen ist für diesen einen zu finden,

 

immer noch jener nachhaltend sehnsuchtsvolle Klang.

 

 

 

Sie hatte sich verrannt.

 

Sie hatte nicht erkannt,

 

dass zwei Herzen schon im Gleichklang schwingen.

 

Doch ihr Herz wurde bereits so wund geschlagen.

 

Auch ist es, dass sie sich selbst gern im Wege steht

 

und gestellt werden immerzu die falschen Fragen,

 

sodass sie Botschaften oftmals falsch versteht.

 

Tapfer versucht sie sich vorwärts zu zwingen.

 

Unsichere Schritte sind nur noch zu wagen.

 

Stolz und Misstrauen hatten sie blind gemacht.

 

Und es ist die verrinnende Zeit, die über sie lacht.

 

 

 

Dabei hatte man sie doch bereits gesandt,

 

die Raben noch in der blendend Helligkeit.

 

Raben in ihrem schwarzen Federgewand.

 

Die riefen mit ihren krähenden Stimmen.

 

Noch ist Zeit, noch ist Zeit, noch ist es Zeit!

 

Doch der Weg durch das Moor scheint ihr so weit.

 

Man hatte ihr immerdar die falschen Boten gesandt.

 

 

 

Über moorige Pfade läuft sie noch immer,

 

um zu finden der Nachtigallen Stimmen,

 

die so gerne in im tiefsten Dunkel singen.

 

Der Boden unter ihr ebnet den Weg nimmer

 

und tote Hölzer auf mooriger Fläche treiben.

 

Diese wollen ihr gern einen anderen Weg zeigen.

 

Doch Gräser zwingen sie auf dem Pfad zu bleiben.

 

Die Dunkelheit hat sie beinah erfasst,

 

doch ist es noch nicht finstere Nacht.

 

Die Raben hört sie nun schon lange nicht mehr.

 

Auch nach Licht sich zu sehnen, fällt ihr schwer.

 

 

 

Nie, niemals hatte sie solch tiefe Gefühle erlebt,

 

hatte erfahren, dass die Erde zu ihren Füßen bebt

 

und dass sie bei seinem Anblick ihren Körper spürt.

 

Ach erklänge nur einmal noch des Hähnchens Gesang,

 

hörte sie dessen Stimme, ihr wäre nicht mehr bang.

 

Er müsste erklingen ohne Spiel und falschen Klang.

 

Würde sie sehen noch einmal diesen einen - seinen Blick,

 

für sie gäbe es kein Halten und nimmer mehr ein zurück.

 

Doch Geisterstimmen raunen summend in ihr Ohr.

 

Die Wahrheit wirst Du nur finden bei uns im Moor.

 

Sie flüstern und erscheinen der Läuferin sogar weise

 

Mit Häme bereiten Geister sie vor auf die letzte Reise.

 

 

 

Keine geflügelte Stimme, die in der Ferne würde erklingen,

 

Keine Nachtigall, die in finsterste Nacht noch würde singen.

 

Nichts wäre zu erkennen in jener dunklen Zeit,

 

kein klärendes Wort,

 

kein führender, kein weisender Lichtenschein.

 

Ihr bliebe nur der dunkle Weg in die Endlichkeit.

 

Denn ihr schien doch der Weg durch Moore weit?

 

 

 

Ihr Herz verwandelt sich mit Heftigkeit zu Stein

 

und in ihren Gedanken ist sie schon sehr weit fort.

 

 

 

Einen Schritt nur noch mehr.

 

Einen Schritt nur noch mehr.

 

 

 

by Gabriele Napierata©2014

 

Gabriele Napierata
Hufgetrappel im Nebel und etwas vom Nebelkind

 

Hufgetrappel im Nebel

und etwas vom Nebelkind

 

 Ich höre sie.

 Und dennoch, das Geräusch nicht zu fassen ist.

 Hufgetrappel, welches eilt dahin so geschwind.

 Es scheint zu geben für jene, die fliehen eine Frist.

 Sie, die im herbstlichen Sturmwind geboren sind

 und mit Funkenflug und schnaubend Wildheit

 entkommen zu versuchen - dem Nebelkind.

 Zu sehen ist für jenes Wesen das Ende der Zeit,

 die Zeit, die sich vergisst im ziehend Nebelschleier.

 Der Tod ist dem Nebelkind der liebste Freier.

 

Ich höre es.

Die Sinne wie blinde Tauben durch den Nebel schwirren.

Angstvoll klingt das dampfend Pferdeschnauben,

nicht sehen, bedeutet den Verstand zu verlieren.

Sie sind wie flüchtig Geister, die sich unter Lasten biegen.

Steine schlagen und grau-schwarze Funken fliegen.

Sie wissen nicht, ob sie für ewig der Blindheit obliegen.

Noch hat des Nebelkind Geschwader das Sagen.

Nebel so weiß, die zerrissenen Fetzen ziehen,

Nebelgrau, die Schwaden werden nichts verraten.

Gemeinsam rollen sie dahin, die des Nebelkind Jäger sind.

Nur die gefangenen Pferde im Nebel stellen wiehernd Fragen.

 

Ich spüre es!

Der tiefschwarze Abgrund war schon immer dort.

Wie Katzen vor dem Sprung liegt er auf der Lauer.

Über schwitzende Felle gleiten zitternd Schauer

und das Nebelkind gibt dem Tod zu gern sein Wort.

Nebliger Wahnsinn den Fliehenden die Sinne raubt.

Nebelkind erhebt lauschend sein ergrautes Haupt.

 

Die donnernd Hufe nur noch ins Leere greifen.

Absolute Stille hat nun hier das allerletzte Wort.

Dann der Flug ins Leere und vielleicht das Begreifen.

Erlahmende Körper, die sich im letzten Kampfe reiben.

Gebrochene Blicke,

verbogene Genicke,

Zuckendes Gebein.

Am Ende entführt sie der Tod aus diesem Hort.

Und die Trauer um den Verlust ist alleine mein.

 

by Gabriele Napierata©2014

 

Gabriele Napierata
Püppchen schlägt man nicht / Krieg im Kinderzimmer

 

Püppchen schlägt man nicht

 

oder der Krieg im Kinderzimmer

 

 

 

Die Dämmerung ins Zimmer tritt,

 

wird getaucht in graues Abendlicht.

 

Auf dem Kinderstuhle sitzt, fast unbemerkt.

 

Ein Püppchen nicht größer als ein Zwerg.

 

Das Gesicht recht blass ins Licht gereckt,

 

hat man es vor blitzend Augen wohl versteckt.

 

 

 

Die weißen Hände brav im Schoss gefaltet,

 

ist es jene, die gerne Geheimnisse verwaltet.

 

Zerbrechlich ist Püppchen bescheidenes Dasein schon,

 

doch als Beschwerde kommt von ihr nicht ein Ton.                           

 

So hat man sie doch aus Porzellan gemacht.

 

Doch stets ist sie es, die gerade deshalb lacht.

 

 

 

Die großen Augen blau wie mittlere Meere,

 

das Herz ertränkt in wehmütiger Schwere,

 

erblicken diese doch nur des Tisches hölzernen Rand

 

und ein wenig, von der Tapete der Kinderzimmerwand.

 

Der stumme Mund so rot, wie es die Kirschen sind,

 

ist ihr Herz, doch nur für ein einziges Kind bestimmt.

 

 

 

Ihr kleines Mädchen war schon lange fort,

 

weilt gar an einem furchtbar dunklen Ort.

 

Trauer floss damals durch die Zimmer, vielen.

 

Nie wieder würde es mit Püppchen spielen.

 

Jedoch die Zeit begann so schnell zu verrinnen

 

und man beschäftigte sich mit anderen Dingen.

 

 

 

Doch gibt es noch zwei andere Spieler,

 

und diese kommen auch immer wieder.

 

da sie dem porzellanen Püppchen gern die Ehre geben,

 

kaum haben die Eltern sie verlassen, mit ihrem Segen.

 

Die Zimmertür geht dann auf mit einem Knall,

 

sodass Püppchen weiß, die sind jetzt überall.

 

 

 

Da wird in dem sonst so ruhigen Raum rumort,

 

entweiht wird des kleinen Mädchens heiliger Hort.

 

Die Jungen lassen die nassen Papierkugeln nur so fliegen,

 

sie wollen spielen,

 

sie wollen siegen.

 

Geschrien, gewütet und mehrmals niedergestreckt,

 

Püppchen Augen flehen, die Beiden schnell wieder weg.

 

 

 

Und schließlich erblicken sie die wahre Siegesbeute

 

ihre Hand, den Besitz des toten Mädchen nie scheute.

 

An den langen dunklen Haaren gepackt,

 

geht dann wenig später alles zack auf Zack.

 

Durch hohe, silbern schimmernd Lüfte geschoben,

 

Beine und Arme werden ins Unmögliche gebogen.

 

 

 

Auch noch durch schmutzige Kinderhände gezogen,

 

wird auch schnell noch das Kleidchen verdorben.

 

Spitzen und Stoff reißen sehr schnell entzwei,

 

es vergehen nicht vielmehr als der Minuten Drei.

 

Da liegt der erste Arm auf dem Boden zerschlagen,

 

doch stellt sich Püppchen auch hierzu keine Fragen.

 

 

 

Einer der Jungen schlägt ihr ins porzellanene weiße Gesicht,

 

und betrachtet diese Augen so grau, im vergehendem Licht.

 

 

 

Der andere zieht ihr die Haare einzeln raus

 

und formt sich lachend einen Bart daraus.

 

Die garstigen Kinder sind nun außer Rand und Band,

 

weil Püppchen sich nicht aus ihren Griffen wand.

 

 

 

Und das kriegerische Spiel erst ein Ende findet,

 

als das letzte Licht im Kinderzimmer schwindet

 

und der porzellanene Kopf in tausend Stücke springt.

 

Püppchens Herz selbst dazu ein leises Liedchen singt.

 

 

by Gabriele Napierata©2014

Gabriele Napierata

 

 

 

 

Schatten in der Nacht / Der Katzengott

 

Ein dunkler Schatten huscht durch die Stille der Nacht.

Ist in der Dämmerung ganz heimlich zum Leben erwacht.

 

Duckt sich verstohlen unter Büschen und Hecken, ganz unerkannt.

Den lauernden Blick auf unsichtbare Beute gerichtet, unverwandt.

 

Die Ohren gespitzt, wie Antennen ausgefahren.

Wer einen Blick auf ihn erhascht,

in der Stille dieser schwarzen Nacht,

denkt, welch ein gefährliches Gebaren.

 

Und tatsächlich sind seine Krallen geschärft, zum Töten bereit.

Entflohen scheint der dunkle Seelenträger niemanden Zeit.

 

Die Nacht steht still, atmet und lauscht,

kein Ast, der weicht, sich schüttelt und der knackt,

kein Blatt, welches im stummen Winde rauscht.

Der Schatten schleicht sich an im Zickzack.

 

Dann ein Quicken - kein stummer Schrei.

Die Maus ist tot.

Die Maus ist tot.

Das Töten ist für diese Nacht vorbei.

 

Der Schatten huscht verstohlen zurück,

durch die stille Schwärze der Nacht.

Und eben hatte er noch,

in einem schwarzen Loch,

flach auf den Boden gedrückt,

Blut, von seinem letzten Opfer genascht.

 

Dunkler Schatten in der Nacht,

als du kamst und mich berührtest,

und du mich zu Untaten verführtest,

habe ich laut in der Nacht,

mit warmen Fell unter der Hand

und dunklen Haaren am Nachtgewand,

im Schlafe noch - aufgelacht.

 

by Gabriele Napierata©2013

 

Gabriele Napierata
Der Nachtigallen Lied by Gabriele Napierata

 

Der Nachtigallen Lied

 

 

Es war nicht viel, was ihr als Erinnerung blieb.

 

Doch sie lauschte so gerne der Nachtigallen Lied.

 

Abends, der Frühling hatte sie längst angelacht,

 

hörte sie den Gesang bis spät in die Nacht.

 

Von weit aus der  Ferne und dann näher dringend,

 

wart des Hähnchen Gesang durchaus zwingend.

 

Ihr Herz schlug als Antwort, als wollte es zerspringen,

 

hörte sie doch die Stimme der Nachtigall verlockend erklingen.

 

Jeden Abend entglitten ihre Gedanken in die Freiheit,

 

doch sie entfloh ihrem eisernen Käfig niemals sehr weit.

 

Zu gerne hätte sie eingestimmt in dem blendend Gesang,

 

doch wart ihr Herz zaghaft und ihr vor dem Schritt so bang.

 

Tief drinnen in ihr barg sie vor dem Wärter, der Nachtigall ihr Lied,

 

welches ihr in dunkle Träume folgte und ihr wart so teuer und lieb.

 

 

 

Und als sie nun endlich lag in ihrem bergenden Sarg,

 

sie die schwere, schwarze Erde nicht zu trösten vermag

 

Es erfüllte die Stille, ihr mit Zaghaftigkeit gefüttertes Herz

 

rannte an gegen wehe Erkenntnis und dem folgend Schmerz.

 

Sie wollte hinaus

 

- wollte in die Helligkeit hinaus.

 

 

 

Doch wart es noch nicht ganz vollbracht,

 

ausharren, musste sie noch diese eine Nacht.

 

Gebunden am Körper bis zum Morgengrauen,

 

dann ein letzter Blick, ein letztes Zurückschauen

 

und ein Geräusch wie klirrendes Glas.

 

Sie spürte es, die Erde war vom Regen nass.

 

Sie war frei, sie war befreit.

 

Durfte sich einlassen auf eine andere Zeit.

 

Sie hörte auch wieder der Nachtigallen Lied,

 

es wart ihr nun noch teurer und lieb.

 

 

 

Der Nachtsänger trug sie auf seinen Schwingen ins Helle hinaus.

 

Nun stieß sie ihren allerletzten Atemzug mit Erleichterung aus.

 

 

by Gabriele Napierata©2014

 

Gabriele Napierata
Wenn wilde Winde wehen oder der letzte Tango der Krokodile by Gabriele Napierata

 

Wenn wilde Winde wehen

 

oder der letzte Tango der Krokodile.

 

 

 

Es werden wilde Winde aus Osten und Westen eintreffen

 

und stumme Bäume werden zum Lied der Stürme rauschen.

 

Es werden säuselnde Stimmen mir geben ein Versprechen,

 

dass tot gewähnte Blätter dem Dunst der Erde entfliehen

 

und braunroten Wolken gleich durch lichte Lüfte ziehen.

 

Jetzt werden Tote dem Gesang von Rothkehlen lauschen.

 

Danach werden Rotkehlchens Stimmen nie wieder erklingen.

 

Doch graue faltige Hände ihnen zum Abschied froh winken.

 

 

 

Es werden aus dem Wispern der Winde jäh die Böen wie Rächer stürmen.

 

Es werden sich weiße Wellen bauschen und zu schwarzen Bergen türmen.

 

Schwermütig werden sich Sandkörner vom Strand in die Höhe erheben

 

und fliegend einer grauen Flut gleich, dem Himmel entgegen streben.

 

Jetzt werden Spinnen keine Netze mehr aus Spinnereien weben.

 

Schlangen werden um Rückgrat und die Vielzahl von Beinen flehen.

 

 

 

Und die bunten Vögel wollen nicht mehr fliegen

 

und sich lieber in die tiefschwarze Erde wühlen.

 

Rosa Schweine wollen in den Meeren tauchen

 

und die hohen Wellen gleich wie Delfine pflügen.

 

Die Haifische werden sich wie Lämmer geben

 

und die Forellen in Seen und Flüssen hüten.

 

 

 

Es werden schwere schwarze Flocken, aus weiß befiederten Wolken treiben

 

und reiche Menschen werden arme Menschen der Armut wegen beneiden.

 

Jetzt werden arme Menschen auf edlen gezäumten Pferden reiten.

 

Chöre von Engeln werden die Menschen vor sich in Heeren treiben.

 

 

 

Und die hellste Nacht hat die Sonne dunkel und müde geküsst,

 

sodass die Sonne aus ihrem Schlafgemach aufzugehen vergisst.

 

Jetzt wird auch der letzte Stern aus alter Schwärze gedrängt.

 

Die Dunkelheit ist es, die uns nur noch als Helligkeit empfängt.

 

 

 

Es werden Tote trunken vor Lebensgier die halbe Nacht durchzechen,

 

und Leichen werden sich beim Auferstehen die lahmen Beine brechen.

 

Es werden sich Greise wie Kinder seitwärts hüpfend, vorwärts bewegen

 

und Kinder lassen sich wie ermattete Greise auf ihre wunden Kniee sinken.

 

Es wird sich, das immer schäumende Leben zur allerletzten Ruhe begeben.

 

Nun werden Seeleute ihre Ration Rum nur noch aus Taufbecken trinken

 

und die Priester werden den Sündern ihre Sünden nicht mehr vergeben.

 

Jetzt werden Gläubige vor Linden und Buchen statt vor dem Kreuze beten.

 

Und Nonnen werden mit wehenden Röcken vor dem heiligen Segen fliehen.     

 

Blinde werden in die erhellte Ferne sehen und den Sinn des Lebens verstehen.

 

 

 

Und gelbe Frösche werden sich im feinen Zwirne kleiden.

 

und bunte Vögel wollen sich nicht mehr in Käfigen streiten.

 

Fledermäuse wollen nur noch schwarze Panther fressen

 

und Pferde werden rennen und dabei ihren Kopf vergessen.

 

Die riesigen Krokodile werden auf ihren Schwänzen tanzen

 

und fordern Gnus auf von der Glut des Tangos zu naschen.

 

Fliegende Elefanten werden ihre Stoßzähne benutzen als Lanzen,

 

um mit dem fließendem Blut ihre reinweißen Westen zu waschen.

 

 

 

Es werden Zebras, Strauße und Walrösser sich vor dem Meere begegnen.

 

Jetzt werden sie sich einen um die dahin rinnende Zeit noch zu schinden

 

und in geschürzter Tracht, das Watt zu ihrer neuen Lagerstatt erheben.

 

Die Unzertrennlichen werden sich niemals mehr aneinander binden.

 

 

 

Es werden sich Raupen wie rasend geworden über Glasscherben hangeln

 

und ihr bloßes Dasein lässt den ruhelosen Atem von Menschen erliegen.

 

Jetzt werden Katzen nur rückwärts laufen und um ihre neun Leben bangen,

 

Rot gewordene Hummer werden aus den siedend heißen Töpfen springen

 

sich auf blanken Tischen wälzen und miteinander im letzten Kampfe winden.

 

 

 

Es werden tolle Tiere in die warmen Betten der Menschen kriechen

 

und Menschen am Boden in tiefster Angst vor deren Bettstatt ruhen.

 

Es werden Mensch und Tier um den Gestank von Verwesung buhlen.

 

Nun wird die Endlichkeit nach welk gewordenen Pfingstrosen riechen.

 

Jetzt werden wach gewordene Tote über sterbende Lebende siegen

 

und die Welt des hohen Menschen wird in Trümmern vor ihnen liegen.

 

 

 

Und Bäume werden ihre Wurzeln in die Höhe recken,

 

und ihre Blätter und Wipfel werden die Erde entdecken.

 

Wilde Flüsse werden gen schwarze Himmel fließen.

 

und auf toten Meeren, rote Algen werden sprießen.

 

Im Schwall sich Wasser über die Erde wird ergießen.

 

und gefügte Mauern brechen unter der Steines Last.

 

Jetzt verschlingen dunkle Moore alles Leben ohne Hast.

 

Der niedere Erdboden dem Teer und dem Pflaster entflieht.

 

Der Blinde in der Ferne nun ganz deutlich die Endzeit sieht.

 

 

 

Zur jener Zeit sollten sich die Menschen Gedanken machen.

 

Die Zeit die folgt wird uns feist ins graue Gesichte lachen.

 

Jetzt hebt der Tod sein lahmes Bein und tanzt auf Erden

 

und er führt die Welt, wie wir sie kannten zum letzten Tanz.

 

Solange bis aus allen Augen schwinden Glimmer und Glanz.

 

 

 

Nie mehr wird der hohe Mensch auf Erden seine Spuren hinterlassen

 

und Engel und Teufel werden nun aus niemals leeren Gefäßen prassen.

 

Die riesigen Krokodile verspüren die Glut des Tangos längst nicht mehr

 

und auch die Gnus sind eiligst hinaus in die lichte Dunkelheit geflohen.

 

Dem Weltgeschehen fällt der Abschied von der Menschheit nicht schwer

 

u. verbliebenes Leben wird sich von des Menschen Anwesenheit erholen.

 

Doch Eva den einen Apfel, schon lange vor jenem Zwischenspiel verlor.

 

  

by Gabriele Napierata©2014

 

 

Ein Geschichtengedicht:

 

Die bunten Blumen im Schnee 

 

Der Schnee so weiß und hoch,

 

der Schnee so rein und weich.

 

Atem verlässt Kindermünder reich.

 

Spielen und Rangeln in dieser Herrlichkeit.

 

Kinder verleugnen zu gerne das Verrinnen der Zeit.

 

Stattdessen treiben sie sich um in der Stille der Einigkeit

 

und doch.

 

In all dem weißen Treiben,

 

erregt ihr Erstaunen ein bunter Fleck.

 

Auf einer Lichtung im nahen Wald,

 

unter einem Baum in Heimeligkeit versteckt,

 

werden von der quirligen Bande,

 

ganz nahe am Waldesrande

 

sieben bunte Blumen entdeckt.

 

 

 

Sie reiben die Hände – es ist sehr kalt.

 

Atem vor Kälte in der Luft sogleich erstarrt.

 

Eiskristalle aus kaltem Glas rieseln leise zur Erde.

 

Eiskristalle schlagen auf harschen Schnee so hart.

 

Von plötzlicher greller Buntheit geblendet,

 

sodass sich keiner vom Platze wendet

 

und sich jeder zwingend im Befremden schüttelt.

 

Erstarrt auch sie die kleine Menschenherde.

 

Denn jener Anblick lässt erblühen die Beschwerde.

 

Laut beginnen die Kinder zu greinen,

 

jammern lauthals und weinen

 

und suchen eilig Schutz im Wald,

 

dort ist es immer noch sehr kalt.

 

Wo sie des alten Försters Blick gewahrt.

 

Dem Jägersmann bleibt nichts erspart!

 

Noch hat er nicht gedrückt den eisernen Hahn,

 

und kein Tier ist an seinem Schrott verendet,

 

noch ertrinkt sein Geist nicht im Blute Wahn,

 

an seinem Edelsinn hatte auch niemand gerüttelt.

 

Hofft er, dass er schnell dieses Gejammer beendet.

 

Entschlossen werden Kinderschultern geschüttelt.

 

Warum die Kinder sein Wildbrett verschreien?

 

Wieder fangen diese Kleinen an zu weinen.

 

Er hört sich an deren glühende Beschwerde.

 

Wortreich übernimmt er die Führung der Herde.

 

Seine Überlegungen versucht er eilfertig zu einen.

 

 

 

Buntheit im Schnee,

 

was sei denn das?

 

Eis bleibt Eis

 

und Schnee bleibt Schnee,

 

taut beides so entsteht das Nass.

 

Eis und Schnee bleibt weiß

 

und beides tut hier niemanden weh.

 

Doch als er das Übel sieht,

 

wird er erst rot, dann blass.

 

Er hat schon gehört von ihnen,

 

man nennt sie Blumen.

 

Ja richtig, es sind Blumen.

 

Farbige flattrige Köpfe auf dürren Stielen.

 

Blicke versucht er vor der Grelle zu schonen.

 

Diese gellende Buntheit tut seinen Augen weh.

 

Hingegen wie lieb ist ihm doch da der Schnee.

 

Würde ihn doch nur  e i n  kluger Gedanke belohnen.

 

 

Sie wurden in aller Heimeligkeit angegriffen.

 

Der Feind befand sich mitten unter ihnen,

 

sodass es selbst die kleinsten Kinder begriffen.                                       

 

Matt von der Buntheit wendet er sich ab,

 

eigentlich hatte er diese Gedanken längst satt.

 

 

 

Sieben Blumen besetzen das Weiß.

 

Doch nicht hier in diesem Land,

 

hier dürfen sie nicht sein.

 

Hier gibt es Eis,

 

hier gibt es Schnee.

 

Hier läuft man auf Brettern,

 

liebt die Tiefe,

 

liebt das Weiß.

 

Sollten doch der Engel Posaunen schmettern.

 

Dieses Land besteht aus Schnee und Eis.

 

Buntheit steht hier unter strengem Verbot,

 

denn

 

ohne Schnee leidet das Volk bittere Not.

 

Und nun soll dieses alles sein vorbei?

 

Der Amtmann muss hier dringend herbei.                   

 

 

 

Von der Allmacht des Erwachsenen geleitet,

 

rennen die Kinder geschwind voran,

 

um zu holen den gewichtigen Mann.

 

Schnell wird ihm das Geschehen unterbreitet.

 

Nicht lange und der wichtige Mann erscheint,

 

er nähert sich dem Förster und dem bunten Fleck.

 

Obgleich sehr schnell der Mut des hohen Herren leidet.

 

Bebrillt neigt der Amtmann sich mit angestrengter Miene,     

 

über das bunte Übel und wünscht es zugleich weit weg.

 

Beinahe hätte er jenes Übel wie die Kinder zuvor beweint.

 

Denn arglose Buntheit trifft unverblümt des Beines Schiene

 

und lässt den hohen Herren aus dem Amt erzittern vor Schreck.

 

 

 

Drei Schritte rückwärts und er ist sehr schnell geheilt,

 

hier kommt auch so ein wichtiger Amtmann nicht weit.

 

Aus der Flinte des Försters vor Tollheit sich löst ein Schuss.

 

Mit lauter Stimme ruft der Amtmann nach dem Bürgermeister.

 

Schnell erfährt der Amtmann zu seinem ureigenem Verdruss,

 

dass jener Herr gerade bei Kaffee und Kuchen beim König weilt.

 

Wieder werden geschickt die braven Kinder aus dem Wald.

 

Es ist auf der Lichtung am Waldesrand immer noch bitterkalt.

 

Amtmann und Förster wie auf glühend Kohlen gehen,

 

immer im Kreis um die verschlagene Buntheit herum,

 

wird gelaufen als müssten die rastlos ratlosen Herren

 

die Buntheit der Blümchen bereits persönlich niederringen.

 

Sie hören die Kinder in der Ferne immer lauter singen.

 

Über bunte Blümchen inmitten weißer Reinheit – so kalt,

 

über einen sehr bunten lustigen Fleck im frierendem Schnee.

 

Ängste können deren Gedanken niemals mehr beschweren.

 

Denn die Frage traf sie unlängst im kalten, kalten Wald:

 

Warum sind Erwachsene manches Mal nur so dumm?

 

Allzu lautes Lachen entspringt den jungen Kehlen,

 

nur eine Kinderkehle, die bleibt verdächtig stumm.

 

Ein kleines Mädchen findet alles gar nicht mehr fein.

 

Sollten alle hohen Herren doch ihrer Wege gehen,

 

für jenes Kind ist der Umstand hier kaum zu verstehen.

 

Doch die Lippen werden schmal und ihr Herz ist ein Stein.

 

                                                      

 

 

 

Im weißen Lande nun die Krise wächst.

 

Von Mund zu Mund wird die Unmut

 

vom blumigen Angriff weiter getragen.

 

Man spricht schon von der Tat einer Hex,

 

wegen des Königs affektiertem Getue.

 

Niemand hat in diesem Fall mehr dazu,

 

als die Münder der Kinder beigetragen.

 

Und es gibt noch viel mehr zu sagen.

 

Er stahl der Dame einst ihre roten Schuhe.

 

 

 

Pferde schnauben und Glöckchen klingeln,

 

ein nobler silberner Schlitten gleitet heran.

 

Auf dem Bock sitzt der hohe Bürgermeister

 

und hinten hockt ein noch wichtigerer Mann.

 

In feiner Robe der feiste König im Samte schwitzt.

 

Aus dem Schlitten sich die reinen weißen Felle ringeln.

 

Die Aufregung über Buntheit hat den Herrn sehr erhitzt.

 

 

 

Was ist zu tun?

 

Der König blickt auf seine blanken Schuh.

 

Dieses Rot erfüllte immer noch seinen Zweck.

 

Er richtet sich auf zur vollen Größe

 

  • jener eitle Geck

 

schenkt dem erbeutetem Rot seine Blöße.

 

Und nun?

 

Welches Recht kann er hier nur sprechen.

 

Ach, hat denn niemand einen Rechen?

 

Er stiert auf den grellbunten Fleck.

 

Hinfort muss dieses derbe bunte Zeug?

 

Doch halt, war nicht zu wandeln dieser Dreck?                       

 

Er befindet sich in einer gemeinen Lage.

 

Nein gewiss ist diese bunte Plage,

 

von ganz beträchtlichem Wert,

 

er darf nicht einfach erheben

 

die Hand zum rächend Schwert.

 

Geborgen werden muss der bunte Fleck.

 

 

 

Die Gruppe der Kinder nie etwas Dümmeres sah

 

und die bunten Blumen stehen eisern leuchtend da.

 

Der müde Förster lässt sein Gewehr sinken

 

und nimmt seine Wanderung  nochmals auf.

 

Immer herum um den bunten, bunten Fleck

 

und auch der wichtige Amtmann sieht nicht weg.

 

Den Feind im Auge setzt er noch einen drauf:

 

Königliche Blicke in dem bunten Spuk ertrinken,

 

Bald eilen drei sehr wichtige Herren im Schnee,

 

immer im Kreise um die stillen Blümchen herum.


Ab und an einer der Herrn nur verächtlich schnauft.

 


Hilflos lassen sie in Eintracht ihre Arme sinken.

 

Der bunte Fleck, er muss weg, weg, weg, weg.

 

Immer dringlicher wird der Herren wütender Lauf.

 

Di e Kinder bleiben indessen nicht mehr stumm.

 

Sie brechen scherzend aus in Ach und Weh.

 

Losgelassene Kinder tanzen und winken.

 

Hüpfen gar ebenfalls im Kreise,

 

auf lächerliche bizarre  Weise.

 

 

 

Nur eines der Kinder zeigt eine klare Mimik nicht.

 

Verschwendet nicht einen Blick seines Augenlichts.

 

Was treiben die Erwachsenen für kuriose Sachen?

 

Wie sollte man da etwas gut machen?

 

Hingegen jener kleine Wicht,                        

 

er weiß es wirklich nicht.

 

Darf das Kind nun mit den Anderen lachen?

 

Sein Kopf plagen tausend Fragen.

 

Ob es doch lieber weinen soll?

 

Und hohe Herren haben immerzu das Sagen.

 

Den Scherz mit der Buntheit trieb es wohl zu doll!

 

Zögerlich schiebt es sich an die Herren vorbei.

 

Bückt sich und greift unter entsetztem Schrei,

 

hinein in die bunte, so grelle Pracht

 

und zieht an dieser mit aller Macht.

 

 

 

Niemand wird die Wahrheit hier vergüten,

 

denn diese ist zu einfach und nicht verrückt.

 

Im Arme hält es sieben bunte Blüten

 

ohne Stumpf

 

dafür mit sehr viel Stiel,

 

an die flache Brust gedrückt,

 

mit schuldbewusster Miene,

 

die die Herren nur entzückt,

 

steht da des Hofers Driene,

 

die doch Daheim hüten sollt die Kuh.

 

Ihre Offenbarung ist der Herren Glück.

 

Und der König blickt auf seine blanken roten Schuh

 

und zieht hinauf den weißen, weißen Strumpf

 

und entfleucht so dem Gedankensumpf.

 

 

 

So ist der grelle bunte Fleck nun doch kein kostbarer Schatz.

 

Er zeigt sich den Herren so unverblümt als Preis allen Mühens.

 

Nicht die unermüdliche Lebendigkeit des bunten Blühens,

 

hält hier die leuchtend Farbe an ihrem angestandenem Platz.

 

Denn alle bunten Pflanzen hat man geschaffen aus Wachs

 

und ihre Köpfe tragen ein paar umwickelte Drähte - ganz lachs.

 

Wuchernde Wurzeln besaßen diese Pflänzchen nie.

 

Diese Buntheit hätte noch nicht mal gemocht das Vieh.

 

Nicht einer der bunten Blumen gab vor etwas anderes zu sein.

 

Ihre wächsernen Herzen sind nicht dunkel, sondern ewig rein.

 

Doch die Driene würde abends liegen ganz gewiss, über Vaters Knie.

 

 

 

Und da wo die sieben bunten Blümchen einmal standen,

 

die in ihrer Unschuld gleich drei hohe Herren bezwangen.

 

Sieht man nur noch den von Reinheit geblendeten Schnee,

 

und aus den Tiefen des Waldes erklingt ein letztes Ach und Weh.

 

 

 

Gabriele Napierata©2014

 

 

Der Blick über die Schulter / Das Kräuterweib


Den Blick über die Schulter ins ewige Dunkle gerichtet.

Blätter und Winde, die zwischen müden Häusern wehen.

Den Blick über die Schulter ins treibende Dunkle gerichtet.

Längst wurde im Traum das Ufer der Verheißung gesichtet.

Endlich kann sie sich frei bewegen – kann es vorangehen.

Lichter sind zu sehen, die sich aus der Niederung erheben.

 

Am Feldrand schwarze Gräser sich im Mondlicht biegen.

In der Vorbereitung für die Tat sucht sie nun ihr Glück

und ihr langer Atem wird ihr Mittel schaffen zu überleben.

Kein Seufzen und kein Zaudern hält sie nun mehr zurück.

Sie will über ihren heimlichen Seelentöter noch siegen,

will doch, um sich zu retten nach Veränderungen streben.

Ihr Ziel liegt in der mit Laubwald angefüllten grünen Ferne.

Eiligen Schrittes hastet sie durch die Weite wogender Felder.

Ihr Füße eilen dahin über den steinigen Pfad allzu gerne.

Der Ahnungslose – tief in seinem Bett begraben, schläft er.

 

Das Mondlicht bescheint ihr den Weg so einsam und kalt.

Der Korb aus Geflecht an ihrer Seite schwankt hin und her.

Von Leichtigkeit getrieben, begleitet dieser ihren Gang.

Noch ist er nicht angefüllt mit seiner Last- noch ist er leer.

Das Dorf bleibt zurück und sie sich in Sicherheit wähnt.

Für eine Weile ist sie frei vor harschen Worten und Gewalt.        

Schwellen lässt ihre Brust, ein in ihr aufsteigender Gesang.

Der Augenblick, der ihr wichtig ist, kommt ihr sehr nah.

Wie hat sie sich nur nach dieser einen Stunde gesehnt.

Einen anderen Ausweg, als den Gewählten sie nimmer sah.

Ihre Gedanken sind trübe und vor der Tat ist ihr nicht bang.

 

Nun hat sie letztendlich erreicht des dunklen Saumes Wald.

Bis sie endgültig zwischen den Büschen verschwunden ist,

die eilende Zeit sich in deren schwankenden Schatten dehnt.

Entkommen ist sie jener auch nur durch Überlegung und List.

Zum Abschied der Mond sie auf beide Wangen küsst so kalt.

Ein klammes Gefühl jäh bespringt ihr vorher feierndes Herz.

Für den Moment sie den müden Rücken an einem Baume lehnt.  

 

Wenn es den bitteren Trost, dieser einen nun nimmer mehr gibt,

wenn diese Pflanze verdorrt ist, die lindert den beißend Schmerz?

Zweifel bekämpft sie mit energischem Schritt und hellem Gesang.

Seine Erkenntnis, dass sie ihn schon so lange nicht mehr liebt.

die feste Gewissheit, dass er längst verspielt hat, ihr wundes Herz?

Zweifel bekämpft sie mit energischen Gedanken und hellem Gesang.

Es ist schon Mai – lange liegt zurück, der dahingeschiedene März.

Von Leichtigkeit getrieben, begleitet die letzte Strophe ihren Gang.

Voran läuft sie nun leichtfüßiger und flinker durch lichtdunklen Wald.

 

Und hört des Baches Fluten quellen so laut.

Sodass es sie nur noch mehr drängt, voran.

 

Kein faules Zaudern ist nun mehr zu finden auf ihren Weg.

Sie wird diese einmal eingeschlagene Richtung begehen.

Denn des Baches springende Fluten sind längst zu sehen.

Auch wenn es an dieser Stelle gibt, keinen hilfreichen Steg.

Ihr fiel es nie schwer durch die bissige Kälte der Furt zu gehen.

 

Den Blick über die Schulter ins Dunkle gerichtet,

im Auge ihr Ziel, welches mit Macht vernichtet.

Eilig, mit einer nicht mehr bremsbaren Hast,

lässt sie zurück die weißen sprudelnden Fluten.

Wäscht sich rein von den klärendend Gedanken.

Befreit sich vom letzten Rest Gewissen – jener Last.

Gerät nicht mit ihrem rettend Plan ins Wanken.

Längst hat sie sich schon abgewandt vom Guten.

 

Kein Weg führt sie zu schnell aus dem verglühtem Glück

Und so läuft sie nun quer durch den lichtdunklen Wald.

Ihre Füße finden ihren Tritt mit viel forschem Geschick.

Noch ist sie jung genug und noch fühlt sie sich nicht alt.

 

Die starren Äste über ihr knarzen im leichtem Wind.

Ihre Träger, die sind uralt und längst schon blind.

 

Endlich erreicht sie den vom Mondlicht beschienenen Ort.

Die Lichtung ist deren Wächter und zugleich sicherer Hort.

Des Weibes letzter Mut wird nun für diesen Zugriff verlangt.

Verzweifelt greift es ins silbrige Blau mit zitternder Hand.

Raffgierig und flink pflückt sie die blättrigen Giftblauen.

Die für den Anderen, nur noch den schnellen Tod hergeben.

Sie will nie mehr, unter harten Schlägen zu ihm aufschauen.

Sie trifft eine Verabredung mit dem neuen, besseren Leben.

 

Mit den Giftblauen im Gepäck ist ihr Ziel nicht mehr weit.

Leichten Fußes verlässt sie den geheimen Garten im Wald.

Zu ihrer letzten Tat ist ihr Herz nun schon längst bereit.

Ihre Schritte nur durch die Leere ihres Gewissens hallen.

Sie wird es vollbringen, nie verfällt sie mehr dem Zwiespalt.

Die eisernen Fesseln für ihre letzte Tat sind längst gefallen.

 

Der Korb, ihr gefälliger Begleiter, er wiegt nicht viel schwerer als zuvor.

Um zu glauben, hält sie sich die hohle Hand an ihr taub geschlagenes Ohr.

Kein Blick über die Schulter gleitet ins Lichtdunkle des Waldes zurück.

Kein Blick über Schulter ist da, der das alte, so gequälte Leben beweint.

Ein Käuzchen stimmt an den Totengesang – es ruft aus dem dunklen Wald.

Auch wenn ihr der grobe Strang am Galgen wird brechen, ihr brennend Genick.

Die Glut ihres Herzens ist längst erloschen und lodert nur noch Eises kalt.

Das Mondlicht derweil sanft, auf die Giftpflanzen in ihrem Korbe scheint.

 

by Gabriele Napierata©2013

 

 

 

 

Leere im Herzen


Engel in Weiß mit dem blassen Gesicht,

Kind zu sein, das erlaubt man dir nicht.


Augen so blau und groß, die aber nichts von der Wirklichkeit sehen,

nur manchmal lässt du erkennen, wie diese um Zuwendung flehen.


Dein Haar so blond und fließend, wie dem einem Engel gleich,

es wird darauf geachtet, dass keine Locke vom Platze weicht.


Auf dein Äußeres ist man sorgsam bedacht,

aber um dein Seelenheil werden sich keine Sorgen gemacht.

Hast du überhaupt schon einmal Mal gelacht?

 

Kornblumen blaue Tropfen sind verdammt zur Einsamkeit,

leere Blicke werden gehalten in einem Haus aus Glas.

Unausgesprochene Worte stehlen dir deine Kinderzeit.

Tränen, die über zarte Wangen rollen, kennen kein Maß.


Überhäuft wirst du mit Geschenken und Geld,

aber sie halten dich fern von der Außenwelt.


Eingesperrt hat man dich in dem Käfig aus Gold,

dieses Geschenk ist aber von dir gar nicht gewollt.

 

Richtig zu leben, das erlaubt man dir nicht,

Engel in Weiß mit dem blassen Porzellangesicht.

Engel in Weiß mit dem zerbrochenen Gesicht.

 

by Gabriele Napierata©2013

 

 

 

 

Vom Krieg und einem anderen Lied


Das Meer färbte sich rot vom Blut schreiender Soldaten,

Ungezählte fielen noch bevor sie Feindesland betraten.


Schreien und Jammern – zerrissene Leiber,

sie starben und es ging immer so weiter.


Doch die schäumende Brandung der Wellen sang ihr eigenes Lied,

das Meer schmeckte das Blut der Männer – welches ihm verblieb.


Noch nach langer Zeit rangen ihre toten Stimmen mit dem Wind,

für das einmal rot gefärbte Meer – sie niemals vergessen sind.


Jahre, Jahrzehnte und Jahrhunderte vergehen,

die Menschen aber werden es nie verstehen.


Gekämpft und gemordet wird so lang

– bis es keine Menschen mehr gibt.

Niemand will hören auf Meeresgesang.

 

Doch das ewige Meer singt ein anderes Lied.

 

Gabriele Napierata©2013

 

 

 

 

Vom Schlachthof geht kein Weg zurück /

Schlachthofgedanken


Die lange Fahrt – ein weiter Weg,

die Zunge hängt – der Durst er quält.

Diese Enge und dazu der Gestank,

ein Einziger getreten, hernieder sank.

 

Platz ist da.

Platz ist da!

Es ist so warm!

Es ist so heiß!

Mein Nasenring sitzt so stramm.

Ich rieche von meinem Nachbarn den stinkenden Schweiß!

Mein Auge wird getroffen von einem peitschend Schweif!


Der, der am Boden liegt, wird in den Dreck gestampft.

Fleisch wird weich getreten, das Exkrement es dampft.

Furcht drückt wie Ketten auf jedes verletztes Gemüt.

Für eine Flucht in die Freiheit ist es längst zu spät.


Diese alles erdrückende Enge, wie in Stahlkammern gefangen,

Diese Minuten, diese Stunden und nein – ewigliches Bangen.

Wie lange kann ein tierisch Gemüt diesen Zustand noch ertragen?

Wohin führt dieser Weg - offen sind so unendlich viele Fragen.


Aus trockenen Kehlen kämpft sich muhendes Gestöhne.

Dieser Gesellschaft entgleißen gar absonderliche Töne.

Niemand scherrt sich so eingezwängt um des Anderen Leid,

der heimatliche Stall, das alte Leben liegt entfernt so weit.

Nicht Hinlegen – immer auf allen vier Beinen halten.

Die ersten Beine, die nachgeben, sind die der Alten.


Fell an Fell – sie reiben, drängeln und drücken aneinander so stark.

Der eine oder andere mächtige Knochen unter jener Kraft schon brach.

Der Boden ist rutschig – voll von Unrat – Urin und fast flüssigem Kot.

Hinter vorbeieilenden Planken wird versteckt gehalten, brüllende Not.

 

Dann endlich erfolgt ein recht holpriger Halt – der allerletzte Stop.

Menschliche Stimmen, die ebenso brüllen – noch mehr Geschrei.

Die Arbeiter auf dem Hof sind abgestumpft – es ist ihnen einerlei.

Die Laderampe hinunter, die Augen der Tiere weit aufgerissen.

Deren Gehirn wird aufgefüllt mit einem schrecklichem Wissen.

Hinaus aus dem Fahrzeug getrieben, wird der vierbeinige Mopp.

 

Jeder kennt es.
Jeder weiß Bescheid.

Der Schnitt ist es, der zählt.

Fleisch und Geld regieren die Welt.

Das Ende, es ist gar nicht mehr weit.

Legt Hand an – es zählt jede Sekunde – hier regiert die Zeit!

 

Es leben nur noch Sieben!

Es leben nur noch Sieben!

Die Anderen hatte der Tod bereits vom Wagen getrieben.

Stöcke, schimpfende Worte – noch immer dieses garstig Geschrei,

Dem Mensch fällt es leicht – es setzt noch mehr von den Hieben.

Arbeiter brechen mit ihren donnernd Stimmen tierische Genicke.

Von manchen der Vierbeiner springt, derweil das Herz entzwei.

Wo sind sie nur hin die mir vertrauten grünen grünen Wiesen?

Tierische Seelen beginnen schon jetzt in die Endlichkeit zu fließen.

Nur noch ein wenig verharren in dieser Welt und dann ist es vorbei.

 

Das große Tor öffnet sich wie ein weites klaffend Maul.

Reger Betrieb – Zweibeiner sind so bestürzend flink.

Reger Betrieb – keiner der Menschen gibt sich hier faul.

Geräusche hängen in der Luft – Geruch ist hier Gestank.

Wer hier vier Beine besitzt, landet auf der Schlachtbank.

 

Irrende, tiefdunkle Blicke – die weißen Tore schließen.

Den Gang hinunter – nur noch Kacheln und blanke Fliesen.

Nach der gleißenden Helligkeit folgt bald ewige Dunkelheit.

Die Angst der Kreatur vom Irrsinn schon, wie besessen ist.

Alles Zeitmaß für die sterbenden Tiere verschwunden ist.

 

Angesetzt wird ohne zu Denken das Bolzenschussgerät.

Wenige Sekunden später ist alles vorbei – ist alles zu spät.

Doch nichts dauert länger als diese endlose, dem Tode nahe Weile.

Und bis das erste der Geschöpfe zerlegt ist in seine abgezählten Teile.

 

Im Akkord wird nun gearbeitet, wird totgemacht.

Der Akkord ist es der gilt – hier wird genau gezählt.

Fleisch und Geld regierten schon immer die Welt.

Hin und wieder einer der Schlächter laut auflacht.

Nicht, dass jener dabei an das große Tier unter seinen Händen denkt.

Während seine Messer immer tiefer ins weiche, bereite Fleisch dringen.

Ein absurder Gedanke hat ihn von seiner eintönigen Arbeit abgelenkt.

Menschen würden ebenso brüllen, wenn sie an diesen Spießen hingen.

 

by Gabriele Napierata©2013

 

 

 

 

 

Das Kriegsfeld der Buchstaben

 

Aus dem Nebel der Unwissenheit rücken sie an,

fallen wird heute Morgen wohl jeder, wie ein Mann.


Nur Philosophen führen Krieg auf dem Papier,

Verwundungen und Tode gibt es aber dennoch hier.

Quälende murmelte Worte entführt nur zu gerne der Tod.

Und jedes Neuerliche führt mit flinker Hand das bleierne Lot.

 

Zu schwingen beginnt es – es läuft die Zeit.

Hernieder der schlanke Stift aufs Papiere sinkt,

darauf schwarze Tinte in den Bogen eindringt.

Bald lernt die Feder, auf dem Papier zu fliegen,

lässt Buchstaben zu Sätzen aufmarschieren.

Luft atmet Krieg – der Sieg scheint nicht weit.


Generäle beider Parteien stehen sich gegenüber,

Der Eine unten am Saumrand, der andere oben

und beide denken, „Ach wäre es nur vorüber.

Beide Herren aber zischen laut und zedern,

Ihre erröteten Häupter sind spähend erhoben.

Im Wind wehen flatternd, weiße Federn.

 

Der Befehl wurde von anderen buchstabiert - ist klargestellt,

bis aufs Blut gekämpft werden, muss auch in dieser Welt.


Die weiße Weite bleibt vor ihnen bestehen.

Die ruhende Zeit scheint nicht voranzugehen.

 

In geeinigten Reihen marschieren die Soldaten nun voran.

Jeder einzelne Buchstabe wird nun stehen seinen Mann.


Gewehre mit Bajonetten, schießen und stechen.

Zum Einsatz kommen auch Heugabeln und Rechen.

Punkt und Komma sowie Ausrufe- und Fragezeichen,

zählt man auf weißem Papier zu den ersten Leichen.

Doppelpunkt und auch der feine Bindestrich,

verlieren in diesem Krieg ebenso ihr Gesicht.


Silbe um Silbe werden gemeuchelt, erliegen den Heldentod.

Viele Wörter fallen im Kampf um, wie schwarze Fliegen.

Worte bleiben niedergestreckt, wimmernd am Boden liegen.

Satzanfang und auch das Ende ertrinken im eigenen Blut.

Satzmitte stürzt sich in des Gegners Bajonette mit Heldenmut.

Ganze Absätze, von beiden Parteien, sich vor Schmerzen biegen.

Kaum ein Buchstabe, der nicht gerät in allerhöchste Not.


Es wird gepickt, Kugeln fliegen, es wird zerteilt.

Zum Überdenken der Lage ist keiner bereit.

Unbeirrt prügeln sie wild aufeinander ein,

erhoben wird die Hand beschwert mit Stein.

 

Ein Buchstabe nach dem anderen purzelt hinunter den Hang.

Niemand sieht mehr den Sinn in einem Ende.

Niemand unternimmt den Griff zur Wende.

Niemand erinnert sich noch, warum der Krieg überhaupt begann.


Ganze Buchstabenreihen nun vom blutbesudelten Papiere gleiten.

Bald ist das Schlachtfeld aufgeräumt und es gibt nur noch leere Seiten.

Sieht man am Schluss, was auf dem ganzen Kampfesfelde übrig blieb.

Erblickt man mittig auf dem Papier, ein einziges, noch lebendes Wort.


Nie wieder Krieg

und verflucht sei dieser Ort.

 

Der Philosoph gebeugt, sitzt über dem fast leeren Papier.

Seine Taten auf dem Kriegsfeld hier, er zutiefst bereut.

Er hatte alle Worte und Zeichen, zu Papier gebracht,

hilflos betrachtet er, was ihm verblieb von seiner Macht.

Der schreibende Denker runzelt noch einmal die furchige Stirn.

Und überlegt so bei sich: Was hat der Krieg nur für einen Sinn?

Ernüchtert rückt er von seinen fast leeren, besudelten Seiten ab,

legt seinen Stift nieder, steht auf und schaufelt sich sein Grab.

 

by Gabriele Napierata©2013

 

 

 

Gabriele Napierata
Die drei alten Eichen

 

 

 

Die drei alten Eichen

 

Dort stehen die uralten Riesen am Waldesrand,
wie aus einer anderen Zeit hierher verbannt.

Die Eichen alle drei, schon mehrere Hundert Jahre alt,
gebannt, wie aus einem anderen Raum in diese Gestalt.

Zur absoluten Bewegungslosigkeit für alle Zeit verdammt,
als hätte die Riesen sachte berührt, des Zauberers Hand.

Die mächtigen Stämme tief verwurzelt in der Erde,
sich bewusst zu sein ihrer eigenen erdrückenden Schwere.

Nur die Tiere in ihres Baumes Kronen
scheint die Zeit nicht zu schonen.

Sich deren Vergänglichkeit, der Flüchtigkeit alles Leben gewahr zu sein,
lässt die drei Uralten scheinbar erstarren an ihrem Platz wie grauen Stein

 

Doch fängt es erst einmal an, in ihren Tiefen zu murren,
fangen Äste und Rinde an zu knacken und zu knurren.

 

Und erheben sie erst einmal ihre Wurzeln,
lösen sich auch aus dem schwarzen Erdengrund
und schütteln sich von ihren Fesseln frei.

 
Als ob ihr Sinnen und Trachten niemals anders gewesen sei
und als ob den gebannten Riesen, das Warten wart, nie einerlei.

 

Dann Welt, ist die bittere Wahrheit der Stunde gekommen.
In jener Stund wird alles Leben, aus ihren Wipfeln genommen.

 

Auf den Weg wird sich gemacht.

 

Die Borke gefletscht, sodass sich die Stämme biegen,

von oben herab zum Abschied Blätter und Federn fliegen.

 

Auf den Weg wird sich gemacht.

Auf den Weg wird sich gemacht!


by Gabriele Napierata©2013

 

 

 

 

Gabriele Napierata
Annas Kellergedicht

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Annas Kellergedicht

Anna willst du wirklich herunterkommen.
Bist du denn mit den Dummen?

 

In den dunklen Keller hinein,
hier ist es wirklich nicht fein.

Es haust hier doch ein wahrer Geist,
der dich mit sich reißt.

In seine dunkle Welt,
wo es dir wirklich nicht gefällt.

Bitte Anna bleibe oben,
sonst, beginnt der Geist zu toben.

Anna bleibe oben.
Warte, bis die Zeit sich hat, verschoben.

Ich schaue mich im Keller um,
bücke mich, mach meinen Rücken krumm.

In die Ecken schau ich gar,
aber Anna, meine Anna,
ist nimmer mehr da.

 

by Gabriele Napierata©2013